Medikamente
Sucht vorbeugen
Die meisten Medikamente machen nicht süchtig. Gewisse Schlaf- und Beruhigungsmittel, Schmerzmittel und Medikamente gegen ADHS können jedoch abhängig machen. Davor kann man sich schützen.
Einige Medikamente (siehe rechts) aktivieren nebst ihrer erwünschten Wirkung auch das Belohnungssystem im Gehirn. Darum können sie süchtig machen. Dies passiert oft dann, wenn sie ohne ärztliches Rezept konsumiert werden oder häufiger oder länger als verschrieben eingenommen werden.
Es gibt unterschiedlichste medizinische Gründe, warum man ein Medikament einnehmen muss, teilweise ein Leben lang. Das bedeutet aber nicht, dass man medikamentensüchtig ist. Suchtpotenzial haben:
- Schlaf- und Beruhigungsmittel aus der Gruppe der Benzodiazepine (z. B. Dormicum ®, Xanax ®, Valium ®, Temesta ®) und der Z-Substanzen (z. B. Sitlnox ®, Zolpidem ®, Zoldorm ®)
- Opiathaltige Schmerzmittel (z. B. Pethidin ®, Tramal ®, Durogesic ®) und Hustenmittel mit Opioiden (häufig mit dem Wirkstoff Codein oder Dextromethorphan, welche den Hustenreiz unterdrücken).
- Medikamente zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörungen (z. B. Ritalin ®, Concerta ®). Werden diese eingenommen zur Behandlung eines diagnostizierten ADHS, besteht keine relevante Suchtgefahr. Es gibt im Gegenteil Hinweise darauf, dass die Behandlung eines ADHS mit Medikamenten bei Kindern und Jugendlichen eine spätere Suchtentwicklung mit legalen oder illegalen Substanzen sogar eher zu verhindern hilft.
Es gibt viele Medikamente, die einen so genannten Gewöhnungseffekt hervorrufen können – das heisst vereinfacht gesagt, dass der Körper und/oder die Psyche darauf reagieren können, wenn sie nach einer längeren Einnahme plötzlich abgesetzt werden. Ein Gewöhungseffekt heisst aber nicht, dass man süchtig ist. So gibt es beispielsweise Antidepressiva, die einen Gewöhnungseffekt haben. Süchtig machen Antidepressiva aber nicht.
Alle hier genannten Medikamente mit Suchtpotenzial (siehe links) sind dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt und können legal nur mit ärztlicher Verschreibung erlangt werden. Je nach Stärke fallen sie in unterschiedliche Verschreibungskategorien. So können z. B. stark wirksame Opioide nur mit einem verschärft kontrollierten Betäubungsmittelrezept verordnet werden.
medikamente-und-sucht.deUmfassende Website aus Deutschland zum Thema
Wie kann man Medikamenten-Sucht verhindern?
Es gibt viele wirkungsvolle Massnahmen um Sucht zu verhindern (Suchtprävention). Sie setzen auf zwei Ebenen an. Bei den gesellschaftlichen Verhältnissen und beim persönlichen Verhalten.
International anerkannte Fachinstitutionen empfehlen folgende Massnahmen:
- Den Zugang kontrollieren (Rezeptpflicht, keine Verschreibung über Telefon oder Internet etc.)
- Medikamenten-Sucht und -Behandlung in die Ausbildung von medizinischem Fachpersonal, insbesondere Ärztinnen und Ärzten, integrieren. (Verschreibungsrichtlinien, Erkennen von Patient*innen mit problematischem Gebrauch, Gesprächsführung bei problematischem Gebrauch)
- Information und Aufklärung über Risiken
- Beratung und Suchtbehandlungen leicht zugänglich machen
- Gesundheitsförderliche Lebenswelten schaffen, etwa in Betrieben, Schulen und Gemeinden
In aller Regel entsteht keine Medikamenten-Sucht, wenn man sich Medikamente nur von einem Arzt /einer Ärztin gleichzeitig verschreiben lässt und sie nicht anders als verschrieben einnimmt. Wenn man unsicher ist, ob das Medikament richtig verschrieben wurde, kann man eine Zweitmeinung einholen oder in der Apotheke fragen.
Medikamente mit Suchtpotenzial werden auch ohne Rezept auf dem Schwarzmarkt gehandelt und zu Rauschzwecken eingenommen. Vor riskantem Konsum und Suchtentwicklung schützt nachweislich, die
- Entwicklung und Stärkung von Lebenskompetenzen wie z.B. z.B. Gefühle regulieren, Stress bewältigen, kreativ und kritisch denken, Probleme lösen, Frust aushalten, sich in andere einfühlen, kommunizieren.
- Stärkung von verlässlichen und guten Beziehungen (in Schule, Familie, Partnerschaft, Freundschaft, Beruf, etc.)
Was sind die Risiken von Medikamenten-Sucht?
Medikamente – auch solche, die süchtig machen können – sind aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken. Richtig angewendet, können Sie psychische und körperliche Heilungsprozesse wesentlich unterstützen. Gleichzeitig bergen sie aber auch ein beachtliches Abhängigkeitspotenzial. Eine Medikamenten-Sucht ist für Betroffene sehr belastend und schadet der Gesundheit.
Falsch angewendet bringen diese Medikamente beträchtliche Risiken mit sich. Im Extremfall können tödliche Überdosierungen auftreten. Besonders gefährlich ist der Mischkonsum mit anderen Medikamenten, Alkohol oder illegalen Substanzen. Wechselwirkungen können beispielsweise zu einem Herzinfarkt oder Atemstillstand führen.
Ein besonderes Risiko bergen illegal auf dem Schwarzmarkt gekaufte Medikamente. Sie enthalten häufig nicht die Substanzen, die vorgegeben werden, sind verunreinigt oder kommen mit falschen Dosierungsangaben daher.
Medikamentenmissbrauch verursacht zahlreiche soziale Probleme und führt z. B. zu prekären familiären Verhältnissen, Arbeitslosigkeit, Vereinsamung und Unfällen.
Wie kann man Medikamente mit Suchtpotenzial risikoarm einnehmen?
Man muss unterscheiden, ob Medikamente ärztlich verschrieben wurden, oder ob sie ohne Rezept auf dem Schwarzmarkt gekauft werden.
In aller Regel entsteht so keine Medikamenten-Sucht:
- Lassen Sie sich Medikamente mit Suchtpotenzial nur von einem Arzt /einer Ärztin verschreiben.
- Wenn Ihnen neue Medikamente verschrieben werden, sagen sie immer, was sie bereits einnehmen.
- Halten Sie sich strikt an die verschriebene Menge und Einnahmedauer. Insbesondere Schlaf- und Beruhigungsmittel mit Suchtpotenzial sollten nur über eine kurze Dauer eingenommen werden (2-4 Wochen).
- Nehmen Sie nicht gleichzeitig Alkohol oder andere Substanzen ein, es kann zu gefährlichen Wechselwirkungen kommen. Wenn man unsicher ist, ob das Medikament richtig verschrieben wurde, kann man eine Zweitmeinung einholen oder in der Apotheke fragen.
Lesen Sie unsere Broschüre zu Schlaf- und Beruhigungsmitteln.
Wir raten ausdrücklich davon ab, Medikamente mit Suchtpotenzial ohne ärztliche Verschreibung zu konsumieren. Sie können lebensgefährliche Inhaltsstoffe haben. Falls dennoch solche Medikamente konsumiert werden, sollten sie im Vorfeld unbedingt getestet werden (z. B. beim Drogeninformationszentrum der Stadt Zürich, DIZ).
Ist dies nicht möglich, sollte maximal ein Drittel der Tablette konsumiert und dann die Wirkung für zwei Stunden abgewartet werden. Auf keinen Fall sollten solche Medikamente mit Alkohol oder anderen Substanzen gemischt werden, da die Wechselwirkungen unberechenbar und hochriskant sind.
Weil im Alter häufig mehrere verschiedene Tabletten eingenommen werden, steigt das Risiko von gefährlichen Wechselwirkungen. Der Körper braucht mit dem Älterwerden mehr Zeit, um Medikamente abzubauen. Der Stoffwechsel arbeitet langsamer und das Verhältnis von Körperflüssigkeit und Fettanteil verändert sich, was die Konzentration der Medikamente im Blut erhöht.
Vor allem Schlaf- und Beruhigungsmittel können darum das Sturzrisiko stark erhöhen. Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt, wenn Sie das Gefühl haben, das Mittel wirke zu stark oder zu lange.
Fragen Sie einen Arzt/eine Ärztin oder Apotheker/in nach möglichen Wechselwirkungen ihrer Medikamente.
Wie erkennt man Medikamenten-Sucht?
Eine Sucht ist eine Krankheit, die nur durch eine Fachperson diagnostiziert werden kann. Gemäss dem Internationalen Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen (ICD-10) müssen für eine Suchtdiagnose innerhalb der letzten 12 Monate mindestens drei der folgenden Symptome erfüllt sein:
- Starker Wunsch oder Zwang das Medikament zu konsumieren
- Verminderte Kontrolle darüber, wann das Medikament konsumiert wird, wann damit aufgehört und/oder wieviel davon genommen wird.
- Mindestens ein körperliches Entzugssymptom, wenn weniger als üblich oder gar nicht konsumiert wird.
- Toleranzentwicklung (Die Dosis des Medikaments wird erhöht, um die gewünschte Wirkung zu erzielen oder das Medikament wirkt nicht mehr so gut, wenn die Dosis nicht erhöht wird.)
- Vernachlässigung anderer Interessen zugunsten des Medikamentenkonsums
- Weiterhin das Medikament zu konsumieren trotz eindeutiger Folgeschäden
Der anonyme Selbsttest kann Hinweise liefern.
Was kann man tun, bei Medikamenten-Sucht?
Die Medikamentensucht ist eine gut erforschte Krankheit. Sie ist gut behandelbar und es gibt verschiedene Wege aus der Sucht. Beratungsangebote stehen übrigens nicht nur Suchterkrankten offen, sondern unterstützen auch Angehörige im Umgang mit ihrer oftmals sehr belastenden Situation. Beratungsfinder öffnen
Zahlen und Fakten
Mehr Informationen
Medikamente noch im Griff?
Zum Medikamente Selbsttest
Unser Selbsttest hilft, den eigenen Konsum besser einzuschätzen.
Für Menschen mit Suchtproblemen
Sucht-Behandlung im Kanton Zürich
Wir machen Sucht-Prävention. Wir machen keine Sucht-Behandlung.
Menschen mit Suchtproblem und ihre Angehörigen finden Hilfe bei den Suchtberatungsstellen. Unser Beratungsfinder hilft Ihnen, ein passendes Angebot zu finden.